Auf ein Wort

 Mein Name ist Sabine Niese,

ich bin 41 Jahre alt, glücklich verheiratet und habe drei Söhne!

Am 30. April 2009 erhielt ich die Diagnose

Systemische Motoneuronen Erkrankung / ALS! 

 

Heute, am 15. Juni 2015, habe ich mich entschieden eine neue Einleitung für meine Homepage zu schreiben.

Ich habe meine Bestimmung vielleicht immer noch nicht gefunden, aber ich lebe noch!

Ich habe großes Glück, denn ich habe einen langsamen Verlauf.

Als ich im August 2009 diese Homepage startete, dachte ich, ich hätte nur noch höchstens 3 Jahre zu leben. Glücklicherweise darf ich heute noch bei meiner Familie, hier an diesem Leben teilnehmen.

Immer wieder habe ich gesehen wie diese unheilbare und verheerende Krankheit Menschen in kürzester Zeit sterben lässt, wie sie schon nach wenigen Monaten völlig gelähmt und beatmet sind und nicht mehr sprechen und schlucken können… das hat mich demütig gemacht und dankbar dafür das ich noch leben darf.

Die letzten Jahre waren ein ständiges hoffen und bangen, ein auf und ab der Gefühle, die so überwältigend sind, dass ich manchmal nicht weiß wie ich sie ertragen soll.

Auf einmal gibt es ganz neue und viel mächtigere Gefühle und man hatte nie gelernt mit dieser Art von Gefühlen umzugehen.

Ich habe gelernt dieser Krankheit nicht zu viel Beachtung zu schenken, nicht auf Verschlechterungen meines Gesundheitszustandes zu warten. Ich habe mir vorgenommen das diese ALS mit mir leben muss und nicht ich mit ihr und manchmal gelingt mir das sogar.

Ich habe in den Jahren meiner “Krankenkarriere” ständig gehofft eine andere, bessere, behandelbare Diagnose zu bekommen! Ich habe Symptome die nicht zu einer klassischen ALS passen (denke ich) und doch konnte, trotz vielen vielen Untersuchungen keine andere Diagnose als ALS gestellt werden.

Ich verbrachte viele Wochen damit von einer Untersuchung zur nächsten zu rollen, es kostete viel Kraft und eine große Portion meiner Hoffnung, aber mein Arzt sagte:” Es ist wichtig das wir nichts übersehen” und da hat er ja auch Recht. Leider hatte ich übersehen das ich das Leben ganz aus den Augen verloren hatte und nicht mehr nur einfach bestmöglichst glücklich mit meiner Familie sein möchte, sondern gesünder. Dies ist an sich ein nachvollziehbarer Gedanke, jedoch habe ich im Nachhinein das Gefühl auf die falsche Karte gesetzt zu haben. Dies hatte den gleichen Effekt wie beim Black Jack, denn meine “Kasse” war danach recht leer und es blieb ein leeres Portemonnaie namens ALS!

Ich hoffe ihr versteht was ich meine.

Ich möchte niemanden belehren oder den Menschen sagen wie sie ihr Leben leben sollen, aber ich möchte behaupten das es nicht schadet etwas bewusster zu leben. Mal mit nackten Füssen durch das Gras zu laufen oder Treppen runter zu rennen und das nicht einfach nur so sondern bewusst!

Man sollte sich die Zeit nehmen kleine Momente zu schätzen und den Menschen die man liebt sollte man dies auch sagen.

Ziele verschieben sich, Hoffnungen ruhen auf anderen Wünschen … Kleinigkeiten erscheinen auf einmal wie große Wunder ! Ich kann nicht sagen das ich dankbar bin dies zu erkennen denn eine zweite Chance um es anders, besser und wahrhaftiger zu machen werde ich wohl nicht bekommen. Ich kann es nur jetzt verstehen und dankbar sein für diese Momente die fast perfekt sind! Heute ist wieder ein Tag und ich werde versuchen ihn zum besten für mich und meine Familie zu machen das bin ich dem Leben einfach schuldig denn ich lebe noch!!!

Ich bin trotz allem ein fröhlicher Mensch und lache viel… warum oder wie ich das schaffe? Ich weiß es nicht! Es war wie ein Reflex. Ich sterbe? Dann muss ich jetzt noch glücklich sein! Dann müssen meine Kinder und meine Familie glücklich sein! Dann muss ich das beste aus der mir noch verbleibenden Zeit machen!

Natürlich kann ich nicht abstreiten das ich furchtbare Ängste habe und ganz niederschmetternde Gedanken, das dieses ganz normale Leben, nach dem ich strebe, Opfer fordert und sich Angst, Verzweiflung, Trauer und Wut in mich fressen wie wilde Tiere.

Ich will auch nicht verheimlichen das wir Probleme haben zum Beispiel mit der Versorgung der Hilfsmittel, finanzieller Art, das viele Träume die ich habe nicht mehr wahr werden werden weil entweder das Geld fehlt oder die Kraft.

Dieses Leben ist ein ewiger Hürdenlauf geworden. Ich bin dankbar dafür das mein ständig tanzender Geist manchmal einen Weg findet einfach unter den Hürden hindurch zu rollen und das Brett nicht an meinem Kopf landet! Und da kommt mir meine frühere “Sprunghaftigkeit” zu gute. Ich finde einfach neue Gedanken, neue Beschäftigungen und neue Pläne und Wünsche für dieses Leben. Kleinere, weniger Kraft raubendere, erreichbarere… auch wenn ich zugeben muss das die Liste mit den großen und wahnsinnig verrückten Ideen  schon noch existiert. ;-)

Und nun möchte ich noch eines loswerden:

Wenn ihr mich seht oder meine Fotos betrachtet, dann versucht doch MICH zu sehen. Nicht die “Frau mit ALS” oder die “Frau im Rollstuhl” und erst Recht nicht : “Die arme, leidende und sterbenskranke Mutter”

Seht mich als das was ich bin und das ist eine Mutter die nicht versucht ihre Kinder auf den Tod vor zu bereiten, sondern auf das Leben! Seht mich als Frau! Vielleicht schafft ihr es auch das Mädchen in mir zu entdecken, das Spaß hat, das wundertolle Gedanken hat. Seht mich als vollwertig, nicht als gehandicapt!

Betrachtet mich nicht als Heldin oder Kämpferin eher als Botschafterin für das Leben und das streben nach Hoffnung und dem Glücklichsein!

HIER geht es zur ALTEN EINLEITUNG meiner Homepage

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